Schreibbüro zum blauen Federkiel

Literatur in Tateinheit mit Kunst: Aufklärung



Epoche der Aufklärung (1720 - 1800)



A Philosopher giving a Lecture, Joseph Wright of Derby
A Philosopher giving a Lecture (Joseph Wright of Derby)


_____________________________________________


Begriffserklärung: Die Aufklärung beschreibt sowohl eine literarische als auch eine philosophisch-kulturelle Bewegung des 18. Jahrhunderts. Im Zentrum steht das Ideal der Vernunft (ratio) und die Forderung nach individueller Selbstbestimmung. Die Menschen sollten sich aus der „selbstverschuldeten Unmündigkeit“ befreien, wie es Immanuel Kant 1784 in seiner berühmten Definition forderte. Der Verstand galt als wichtigstes Instrument zur Erkenntnis der Welt und zur Gestaltung eines besseren, aufgeklärten Zusammenlebens.

_____________________________________________



Wissenschaftliche Volkserziehung als historischer Hintergrund


Nach dem religiös geprägten Weltbild der vorhergehenden Jahrhunderte und den Schrecken des Dreißigjährigen Kriegs richtete sich der Fokus zunehmend auf empirisch gewonnene Erkenntnisse und wissenschaftliche Beweisführung. Der Absolutismus mit seinen autoritären Strukturen wurde kritisch hinterfragt, während Naturwissenschaften, politische Philosophie und Erziehung zu Leitdisziplinen wurden.

Die aufkommenden Bürgerlichen begannen, sich zunehmend vom starren Ständesystem zu emanzipieren, getragen vom wachsenden Bildungsbedürfnis und der Idee des Fortschritts. In dieser Phase entstanden zahlreiche Lesegesellschaften, die auch dem einfachen Bürgertum Zugang zu Literatur, Wissenschaft und Politik verschafften. Pressefreiheit und Meinungsäußerung wurden zu Schlüsselbegriffen.



"Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!" (Immanuel Kant)


_____________________________________________

Bedeutung der Aufklärung für die Literatur


Die Literatur der Aufklärung verstand sich als Werkzeug der Vernunft. Sie sollte aufklären, bilden und den Menschen zur Mündigkeit führen. In einer Zeit tiefgreifender gesellschaftlicher Umbrüche wurde sie zum Medium der Kritik – an kirchlicher Dogmatik, absolutistischer Willkür und sozialer Ungleichheit. 



Vernunft als literarisches Werkzeug

Die Literatur wurde zu einem Medium der Erziehung – sie sollte aufklären, moralisch bilden und zur Mündigkeit verhelfen. Besonders im Drama wurde der sogenannte bürgerliche Heldenbegriff etabliert: 

Im Zentrum standen keine antiken Götterfiguren mehr, sondern Menschen aus dem Bürgertum mit moralischem Anspruch. Mit dem aufkommenden Bürgerlichen Trauerspiel betrat eine neue Form die Bühne, in der nicht das höfische Leben, sondern bürgerliche Tugenden und Konflikte thematisiert wurden.


Literarische Besonderheiten

Die Lyrik trat zunehmend in den Hintergrund, stattdessen florierten Theaterstücke, moralphilosophische Essays und erzählende Prosa. Auch der Briefroman als Ausdruck individueller Gefühlswelten und Reflexion gewann an Bedeutung.


Motive und Stilmittel

Inhaltlich drehte sich vieles um Bildung, Vernunft, Toleranz, Humanität, Erziehung, Gerechtigkeit und den Widerstand gegen Dogmatismus. Satire wurde zum scharfen Schwert gegen Klerus und Aristokratie. Die Sprache der Aufklärungsliteratur war klar, argumentativ und logisch aufgebaut – Schnörkel und Pathos galten als verdächtig. Als klassische Stilmittel der Aufklärung gelten Ironie, Satire, Aphorismen und Argumentationen.

_____________________________________________



Bedeutende Werke & Vertreter der Aufklärung:



Fabeln und moralische Lehrdichtung (Poesie, 1746 - 1754)
Christian Fürchtegott Gellert

Candide oder der Optimismus (Roman, 1759)
Voltaire

Emile oder Über die Erziehung (Bildungsroman, 1762)
Jean-Jacques Rousseau

Geschichte des Agathon (Bildungsroman, 1766–1767)
Christoph Martin Wieland


Nathan der Weise (Drama, 1779)
Gotthold Ephraim Lessing

Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? (Essay, 1784)
Immanuel Kant

Der zerbrochne Krug (Drama, 1808)
Heinrich von Kleist



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen