Schreibbüro zum blauen Federkiel

Auf dem Weg zu den Erneuerbaren - Von temporären und zeitlosen Strategien


Der Tarifwechsel in Sachen Stromanbieter ist ein Trend, den in den letzten Jahren viele Verbraucher für sich entdeckt haben. Weil die großen Energiekonzerne geradezu willkürlich ihre Preise nach oben treiben, haben kleinere Anbieter daher oftmals bessere Chancen, wenn es um die Sympathie der Kunden geht. 
 
Doch nicht nur im Machtgefüge der Konzerne zeichnet sich bislang eine Trendwende ab. Auch was die bevorzugten Energieformen anbelangt, ereignet sich mittlerweile ein umfangreicher Sinneswandel. Ein Beispiel hierfür liefern die neuen Strommix Modelle im Bereich der Energieerzeugung.




Gas ist keine Dauerlösung

 

Da die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen und somit auch nach deren von Schadstoffen belasteten Erzeugnissen immer geringer wird, setzen viele Stromanbieter vermehrt auf Erdgas. Dieses soll anstelle der Kohle das Defizit an Energie- und Wärmeproduktion, welches durch die Abschaltung der Kernkraftwerke entstanden ist, kompensieren, bis erneuerbare Ressourcen besser genutzt werden können. 
 
Eine weise Entscheidung, denn der CO² Ausstoß des gasförmigen Energie- und Wärmelieferanten ist bei Weitem geringer, als bei vergleichbaren Fossilgasen, die durch Verbrennung entstehen, der Fall ist. Trotz des eindeutigen Vorteils der Schadstoffreduzierung sei jedoch gesagt, dass Erdgas nur eine Übergangslösung auf dem Weg zu einer von regenerativen Energien bestimmten Stromversorgung ist.


Wie effizient dieser grüne Strom sein kann, bewies Anfang Dezember der Orkan Xaver. Zwar ging mit ihm und seinen Windstärken eine gewaltige Zerstörungskraft einher, Windparks und -anlagen profitierten jedoch immens von der unruhigen Wetterlage und verhalfen den Strompreisen zu einem neuen Rekordtief von bis zu 40 Prozent. Allerdings zeigten sich die für den Transport notwendigen Stromleitungen aufgrund des ungenügenden Ausbaus im Rahmen der Energiewende noch stark überfordert mit den historischen Höchstleistungen der Windenergie. Netzbetreiber griffen während des Unwetters daher zu einigen Tricks, um ihre Leitungen vor Starkstromschäden zu bewahren.


Energiewendemaßnahmen auf dem Prüfstand

 
Zu kämpfen hatten Stromanbieter während dem Orkantief gleich mit zwei Problemfeldern. Dabei bestand die erste Herausforderung darin, die Stromtrassen vor Schäden durch äußere Einwirkungen, wie umstürzende Bäume zu bewahren. Eine dadurch verursachte Leitungsunterbrechung hätte aus dem vorübergehenden Quell der Windenergie eine kleine Katastrophe gemacht, denn eine Überproduktion an Energie lässt sich logischerweise nur dann wirklich verwerten, wenn sie auch dorthin transportiert werden kann, wo sie gebraucht wird.Des Weiteren galt es, die Kapazitäten des Stromnetzes bis zu deren absolutem Grenzwert auszureizen.


 
Besonderes Tüfteln war hier dem Frequenzausgleich der Leitungsspannung zwischen Nord und Süd geschuldet. Während die Kraftwerke an der Küste nämlich rekordverdächtige Energiespitzen zu verzeichnen hatten, durften selbe sich gleichzeitig nicht auf die Standardwerte der Trassen auswirken, welche bei einer Maximalspannung von etwa 50 Hertz liegen. Wird besagter Wert nun durch erhöhte Schwankungen überschritten, schalten betroffene Anlagen sich normalerweise automatisch ab, was nicht nur überregionale Stromausfälle begünstigt, sondern eine Einspeisung der zusätzlichen Energie in das Netz abermals unmöglich macht.


Um diese technischen Sicherheitsmaßnahmen zu umgehen und Xavers Energie dennoch effizient zu nutzen, mussten Stromproduzenten zu unkonventionellen Mitteln greifen. 'Re-Dispatching' heißt das Zauberwort, mit dessen Hilfe im Norden gelegene Einspeisungswerte künstlich gedrosselt und im Süden vorübergehend erhöht werden. Etwaige Übertragungsfrequenzen bleiben somit während der Weiterleitung von A nach B trotz erhöhter Energiezufuhr gleich und erlauben auch bei unvorhergesehenen Energiespitzen eine landesweite Stromversorgung. Ein besonderes Ausbalancierungskonzept zum Energietransport also, das in der Vergangenheit leider nur in absoluten Notfällen zum Einsatz kam und daher derzeit leider noch nicht wirklich ausgereift ist.


Ungeachtet dieser Tatsache hat sich der 'Plan B' aber durchaus bewiesen und kann künftig als Basis für langfristige Planungen in Sachen Leitungsausbau dienen. Die Re-Dispatch-Strategie zu modernisieren, bedeutet demzufolge eine der ersten Prüfungsstunden für den frisch gebackenen Energiewendeminister Sigmar Gabriel. Die Fehltritte der Union in diesem Bereich auszubügeln dürfte keine leichte Aufgabe für den ehemaligen Parteichef der SPD werden. Eine enge Zusammenarbeit mit Sachverständigen aus den Reihen des eigentlichen Wunschpartners, den Grünen, mag daher eine sinnvolle Empfehlung für den unbestrittenen Gewinner der Koalitionsverhandlungen sein.



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